Rede des Oberbürgermeisters der Stadt Aachen, Dr. Jürgen Linden (deutsch)

Rede des Oberbürgermeisters der Stadt Aachen, Dr. Jürgen Linden (deutsch)

Verehrte Festgäste,

der Internationale Karlspreis zu Aachen besteht 50 Jahre. Er entstand auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges und durch das Engagement der Überlebenden für ein friedliches Zusammenleben der Völker Europas.

Aachen wurde am 21. Oktober 1944 durch die Amerikaner befreit.

Wer die großen amerikanischen Soldatenfriedhöfe vor den Toren der Stadt besucht, erkennt an den Tausenden weißer Kreuze und Davidssterne, welches Opfer das amerikanische Volk für die Befreiung Europas und Deutschlands von der faschistischen Diktatur auf sich genommen hat. Dieses Opfer bleibt unvergessen.

In Aachen erschien noch während des Krieges die erste, freie Tageszeitung, traten Gewerkschaftler zur Wiederbelebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zusammen, gestaltete man Verwaltung und Politik nach demokratischen Spielregeln.

In Aachen profitierten Menschen von der Hoover-Speisung und den Carepaketen, von der unverkrampften und freundlichen Lebensart amerikanischer Soldaten, die es vielen Deutschen leicht machte, in ihnen nicht nur die Sieger, sondern auch die Vertreter einer neuen, einer besseren Form der Zivilisation zu erkennen.

Amerika hat damals den Grundstein zu einer offenen, in die Zukunft orientierten Gesellschaft gelegt und für den Aufbau einer stabilen, innerlich angenommenen Demokratie in Deutschland, Vorbildliches geleistet.

Die Amerikaner haben mit ihrem hohen Respekt vor Freiheit und individueller Verantwortung danach die Gründung der Europäischen Union und das Zusammenwachsen der Völker auf unserem Kontinent ermöglicht.

Die europäisch-amerikanische Geschichte der letzten 50 Jahre basiert auf den grundlegenden Prinzipien der Menschheit: Freiheit, Frieden, Demokratie, Menschenrechte und Solidarität.

Die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen im Jahr 2000 würdigt die tiefe Verbundenheit der Vereinigten Staaten von Amerika mit den europäischen Staaten und Völkern. Sie ist zugleich Ansporn, diesen Weg guter Partnerschaft im neuen Jahrhundert fortzusetzen.

Sehr herzlich begrüße ich den Karlspreisträger 2000, den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, William Jefferson Clinton.

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Dear Mr. President,

we would like to welcome you very warmly, to the grounds of Charlemagne's former capital which is the cradle of Europe.

Our hope for today is that the deep friendship between America and Europe will give new impulses towards a peaceful coexistence of man throughout the world.

Mit ihm begrüße ich die Karlspreisträger früherer Jahre:

  • den Karlspreisträger 1963, den vormaligen britischen Premierminister, Sir Edward Heath
  • für die Karlspreisträger 1969, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, den damaligen Vizepräsidenten Dr. Fritz Hellwig
  • den Karlspreisträger 1977, den ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Walter Scheel
  • den Karlspreisträger 1979, den vormaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn Emilio Colombo
  • die Karlspreisträgerin 1981, die damalige Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Simone Veil
  • den Karlspreisträger 1982, S.M. König Juan Carlos I. von Spanien, in Begleitung Ihrer Majestät, Königin Sofia
  • den Karlspreisträger 1991, den Präsidenten der Tschechischen Republik, Herrn Vaclav Havel
  • den Karlspreisträger 1992, den früheren Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Herrn Jacques Delors
  • den Karlspreisträger 1995, den ehemaligen Bundeskanzler der Republik Österreich, Herrn Dr. Franz Vranitzky

Sehr herzlich begrüße ich den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Dr. Johannes Rau.

Willkommen heißen wir die Staatspräsidentin der Republik Finnland, Frau Tarja Halonen.

Eine besondere Freude bereitet uns mit seiner Anwesenheit der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Herr Gerhard Schröder, dem ich an dieser Stelle schon danken möchte für die große Ehre, die er uns mit der Laudatio auf den diesjährigen Preisträger erweist.

Wir grüßen mit besonderer Hochachtung in unserer Mitte die Außenministerin der Vereinigten Staaten von Amerika, Frau Madelaine Albright, den Bundesaußenminister, Herrn Josef Fischer, sowie den Bundesinnenminister, Herrn Otto Schily.

Ich begrüße sehr gerne die Botschaftsvertreter der Länder (in alphabetischer Reihenfolge):

Belarus, Bulgarien, Finnland, Irland, Island, Italien, Niederlande, Norwegen, Polen, Schweiz, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ukraine, Vereinigte Staaten von Amerika.

Ich freue mich über die Anwesenheit des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Wolfgang Clement sowie der Landesminister, Frau Birgit Fischer, Herrn Dr. Michael Vesper, Frau Bärbel Höhn und Frau Professor Dagmar Schipanski.

Herzlich grüße ich die Mitglieder der Europäischen Kommission, Frau Michaele Schreyer und Herrn Günther Verheugen.

Willkommen heißen wir den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Herrn Paul Spiegel, den Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, Herrn Manfred Kock sowie den Bischof von Aachen, Dr. Heinrich Mussinghoff.

Darüber hinaus grüße ich viele weitere, namhafte Persönlichkeiten, die uns durch ihre Anwesenheit ehren. Ihnen allen, die Sie an diesem heutigen Ereignis hier in Aachen oder an Radio und Fernsehen teilnehmen, gilt der aufrichtige Gruß der Stadt Aachen.

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Meine sehr verehrten Damen und Herren,

für die Konsolidierung der erweiterten Europäischen Union, für die Bewahrung ihrer Sicherheit nach außen wie für ihr Selbstverständnis in der Weltpolitik braucht Europa die strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Europäische Union hat mit der Öffnung des Binnenmarktes, der Einführung des Euro und der beharrlichen Politik zur Erweiterung und Vertiefung wichtige Impulse gesetzt.

Die politische, wirtschaftliche und monetäre Kooperation bildet ein stabiles Fundament für die Realisierung der schrittweisen Erweiterung, für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie eine strukturierte und verfassungsmäßig legitimierte Organisation.

Europa ist zwar auf einem mühsamen, aber erfolgversprechenden Weg.

Ohne die Zusammenarbeit mit den USA hätte die EU nicht so erstarken können, wie sie erstarkt ist.

Die amerikanische Präsenz in Europa hat das friedliche Zusammenleben der europäischen Staaten stabilisiert.

Durch seinen nachdrücklichen Einsatz für Freiheit und Menschenrechte hat Amerika maßgeblich zum Fall des Eisernen Vorhangs beigetragen.

Im Prozeß der deutschen Wiedervereinigung unterstützten die Vereinigten Staaten vor allem in den "Zwei-Plus-Vier"-Verhandlungen unsere Politik, weil sie international garantierten, daß die Grenzen in Europa und die Sicherheitsverträge respektiert blieben.

Amerika hat das neue Kapitel der neuen europäischen Geschichte entscheidend mitgestaltet. Dafür sagen wir Dank.

Die Wertegemeinschaft von Europäern und Amerikanern ist heute ein bedeutsames Fundament für die Gestaltung der Zivilisation, für eine demokratische Weltordnung und die Lösung sozialer, ökonomischer und ökologischer Menschheitsprobleme. Sie ist ein Eckpfeiler für die Einhaltung der Menschenrechte.

Das Einschreiten der Allianz im Kosovo hat den humanitären Schutz für die albanische Bevölkerung bewirkt: die Menschen konnten in ihre Heimat zurückkehren. Allerdings:

Für eine umfassende Friedensordnung auf dem Balkan muß sich der gesamte Westen noch erfolgreicher engagieren.

Der amerikanische Präsident Bill Clinton hat eine neue Vision für die Integration der Völker unseres Kontinents und für die Partnerschaft zwischen Amerika und dem neuen Europa entworfen - verwurzelt in der Kooperation der Sicherheit, freier Märkte und lebendiger Demokratie.

In den annähernd acht Jahren seiner Amtszeit war er immer wieder die Triebfeder zur Verwirklichung dieser Vision. Sein persönliches Engagement bei der Lösung des Nordirland-Konfliktes läßt erstmals seit langer Zeit die Hoffnung auf Frieden als realistisch erscheinen. Er hat den Ausbau der Partnerschaft mit einem sich erneuernden Rußland zu einer vordringlichen Aufgabe erklärt. Er startete eine nord-osteuropäische Initiative, um stärkere Bande zwischen den baltischen Staaten, den nordischen Ländern, aber auch Deutschland und Polen zu knüpfen. Auf die Türkei und Griechenland wirkte er ein, ihre Konflikte, aber auch den auf Zypern, beizulegen.

Er selbst hat sich für die Senkung von Handelsbarrieren, für starke Wirtschaftshilfen in Polen, Tschechien und Ungarn engagiert, auch dazu beigetragen, daß amerikanische und europäische Investitionen in Zentral- und Osteuropa sich seit 1990 vervierfacht, der Handel verdoppelt haben.

Darüber hinaus hat er sich für den Abschluß eines endgültigen Friedensvertrages im Nahen Osten, damit eine Minderung des Konfliktpotentials im Mittelmeerraum, eingesetzt.

Schließlich wurde unter Clintons Regie - nach Gesprächen über mehr als ein Jahrzehnt hinweg - Einigung über Chinas Aufnahme in die Welthandelsorganisation erzielt, was der EU erst vor wenigen Tagen ein Handelsabkommen ermöglichte.

Sie, sehr verehrter Herr Präsident, haben mit großem persönlichen Einsatz die Hoffnung auf eine stabilere Welt der Wirklichkeit angenähert. Sie sind nicht nur ein bedeutender amerikanischer Präsident, sondern auch ein großer Weltbürger.

Das gerade begonnene neue Jahrhundert wird uns vor neue Umwälzungen und Herausforderungen stellen. Wir müssen gegen Bevölkerungsexplosion, Armut und Unterernährung angehen, müssen den Klimawechsel bewältigen und die Umweltzerstörungen aufgeben, den Drogenhandel, Terrorismus, Waffenschiebereien und vieles andere mehr bekämpfen.

Es ist die große Aufgabe unserer Generation, jetzt ein Modell für eine freie und friedliche, blühende und fortschrittliche Gesellschaft zu bilden, in der jeder Mensch gleiche Entwicklungschancen besitzt.

Lassen Sie uns Vorbild für die übrigen Völker der Welt werden.

Der Preis der Größe heißt Verantwortung.

Wenn Amerika und Europa ihre vornehmsten Werte und Ideale der Welt übermitteln wollen, müssen sich ihre Bürger auf diese Verantwortung einstimmen, Mut und Energie sowie persönliches Engagement für dieses Unternehmen aufbringen.

Vor allem sollten wir die jungen Menschen dafür begeistern, daß wir gemeinsame Vorstellungen, gemeinsame Aufgaben haben und daß das Gefühl für das universal Machbare der Schlüssel für eine gute, eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der alten und neuen Welt, zwischen Athen und Washington, zwischen Paris und Texas ist.

Wir müssen unsere Jugend zusammenbringen, nicht nur in den Chat-Rooms des Internet oder über Video-Clips, sondern im wirklichen Leben, damit sie Vertrauen üben, Freunde werden, gemeinsame Horizonte definieren und die Verantwortung teilen.

Die Ziele sind ehrgeizig, aber erreichbar.

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Das neue Jahrhundert kann zum größten Menschheitserfolg der Geschichte werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

das Direktorium zur Verleihung des Internationalen Karlspreises ehrt mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika einen Politiker, der sich in stürmischen Zeiten als Garant der amerikanisch-europäischen Wertegemeinschaft erwiesen hat. Zugleich gilt der Dank dem amerikanischen Volk für die vielen Freundschaftsbeweise der vergangenen Jahrzehnte.

Bill Clinton und das amerikanische Volk stehen auch für die Kraft der Erneuerung und den Willen, die Weichen für eine gute Entwicklung im 21. Jahrhundert richtig zu stellen.

Herr Präsident, ich gratuliere Ihnen zur Verleihung des Internationalen Karlspreises.