Mein lieber Freund!
Wir sind Zeugen einer großen Ehrung, die Ihnen heute zuteil geworden ist. Ich persönlich habe das Bedürfnis, einem großen Staatsmann meinen Dank auszusprechen und gleichzeitig einen guten Freund meiner aufrichtigen Sympathie zu versichern.
Ihr außerordentliches Wirken während so vieler Jahre ist bewundernswert und ein ergreifendes Beispiel.
Sie waren an der Seite der Großherzoglichen Familie und Ihrer Regierung, als sich diese im Mai 1940 nach reiflicher Überlegung entschlossen, der ungleichen Kraftprobe durch einen freiwilligen Rückzug ins Exil zu entgehen und dadurch ihre spätere Handlungsfreiheit zu bewahren. Die Ehre war gerettet und die Bevölkerung richtete sich auf den Widerstand ein.
Mehr als drei Jahre lang bedeutete Ihr Leben im Exil die feierlichste Form des Protestes gegen begangenes Unrecht. Auf diese Weise erklärte sich die Regierung solidarisch mit ihrer Herrscherin. Sie nahm alle Gefahren, die das Leben im Exil mit sich brachte, auf sich. Dies bedeutete für die Minister ein endgültiges Beharren in der getroffenen Entscheidung. Diese war praktisch unwiderruflich. Die ganze Nation billigte diesen Entschluß, ohne ihn jemals in irgendeiner Weise anzuzweifeln.
Die freiwillig gewählte Lage brachte drei Jahre der Ungewißheit und der Opfer mit sich. Sie, Herr Bech, wählten die im Wagnis begründete Gewißheit.
Endlich schlug die Stunde Ihrer Rückkehr, das Exil war beendet, Sie standen dann vor einer schwierigen Aufgabe, die Sie ehrenvoll und weitsichtig meisterten.
Luxemburg verlangte nicht nur die Anerkennung seiner alten Rechte, sondern wollte auch seinen Platz unter den europäischen Ländern einnehmen, als diese darangingen, ein neues Europa aufzubauen. Von der ersten Stunde an haben Sie diese neue Aufgabe verstanden, die Geschichte der letzten zehn Jahre hat dies bewiesen.
Worin bestanden nun Ihre Anstrengungen, um ein einiges und freies Europa aufzubauen?
Sie traten von der ersten Stunde an für die Gemeinschaft von Kohle und Stahl ein. Gleichzeitig sicherten Sie Ihrem Land den Sitz der Hohen Behörde; dann traten Sie für den Gemeinsamen Markt ein, für Euratom und den Plan der Gemeinsamen Verteidigung.
Dies alles erhielt seine besondere Bedeutung durch die Versöhnung mit dem früheren Feind. An die Stelle des Mißtrauens und der zeitweiligen Gegnerschaft trat eine ständige und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Die europäische Politik wurde auf diese Weise erneuert. Sie wurde auf eine neue Grundlage gestellt, vor der aus sie sich über die sechs Partnerstaaten hinaus entwickeln und auf andere europäische und außereuropäische Länder ausbreiten kann.
Dies sind die Zukunftsaussichten, die sich uns eröffnen.
So wurde aus der schrecklichen Prüfung des Weltkrieges eine neue Hoffnung geboren, die Gewißheit einer endlich erneuerten Zukunft, in der an Stelle des Mißtrauens und des Hasses sich die endgültige Festigung des Friedens und die vertrauensvolle Zusammenarbeit auf allen Gebieten auswirken wird.
Meine Vorredner haben Ihre glänzende Karriere und Ihre unbestreitbaren Verdienste um Ihr Vaterland, um Europa und den Frieden herausgestellt. Der Karlspreis kommt Ihnen als einem loyalen Diener zu.
Diese großartige Feier ist eine öffentliche Ehrung, die eine außergewöhnliche Karriere als Staatsmann und Diplomaten krönt.