Señoras y señores.
Les traigo al corazón de Europa los saludos más afectuosos de España, de esa península ibérica, mediterránea y atlántica a la vez, que compartimos con nuestros queridos hermanos de Portugal. E, portanto, em sua honra, como na do meu admirado António Guterres, eu também quero cumprimentá-los na bela língua de Camões, em português. [Ich bringe Ihnen ins Herz Europas sehr freundschaftliche Grüße aus Spanien, von der iberischen, mediterranen und gleichzeitig atlantischen Halbinsel, die wir mit unseren geschwisterlich verbundenen Freunden in Portugal teilen. Ihnen zu Ehren und zu Ehren des von mir bewunderten António Guterres, will ich Sie daher auch in der schönen Sprache von Camões, auf Portugiesisch begrüßen.]
[Original EN] Ich werde nun auf Englisch fortfahren und möchte zunächst dem Oberbürgermeister, dem Direktorium und den Organisatoren herzlich danken, dass sie mir diese ganz besondere Aufgabe anvertraut haben, die Laudatio auf Generalsekretär Guterres als diesjährigen Karlspreisträger zu halten. Das ist mir eine wirkliche Freude und Ehre.
Lieber António, gestatte mir, Dir als Freund und stolzer europäischer Bürger „herzlichen Glückwunsch“ zu sagen! – Oder, wie Du es sicher gerne hörst: meus parabens!
Vor mehr als eintausendzweihundert Jahren begann hier in Aachen der europäische Traum. Dass dieser Traum auch heute noch so lebendig ist, verdanken wir zu einem großen Teil der Vision und Entschlossenheit von so außergewöhnlichen Persönlichkeiten wie António Guterres, einem Mann, der die europäische Perspektive und die internationale Berufung seiner Heimat Portugal, der wir heute ebenfalls unsere Anerkennung zollen, in sich verbindet.
Wie seine Landsleute, die – wie die meinen – zu Beginn der Neuzeit die Segel setzten und die Ozeane überquerten, ist António Guterres ein Mann mit weitem Horizont. Und genau wie diese großen Entdecker macht auch er sich mit einer bemerkenswerten Energie an jedes neue Werk. Er tut dies mit scharfsichtiger Einsicht, mit kraftvoller Entschlossenheit und mit aufrichtiger Solidarität, was sich in seinen politischen, intellektuellen und persönlichen Leistungen widerspiegelt.
António Guterres ist ein Mann, der es versteht, seine tiefen ethischen und sozialen Überzeugungen mit der wissenschaftlichen Strenge seines akademischen Hintergrunds in Einklang zu bringen. Als sehr junger Mann begann er sein politisches Engagement zu einem für die Geschichte seines Landes entscheidenden Moment. Ich beziehe mich auf die „Transition“, die wir Spanier zur selben Zeit, mit der gleichen Hoffnung und Entschlossenheit erlebt haben: den Übergang von der Diktatur zur Demokratie.
Seitdem hat António Guterres‘ Engagement für Gerechtigkeit und Eintracht seinen Werdegang bestimmt: als Premierminister Portugals von 1995 bis 2002, als Präsident des Europäischen Rates im Jahr 2000, als Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge von 2005 bis 2015 und, seit Januar 2017, als Generalsekretär der Vereinten Nationen.
In jedem dieser Ämter hat er sich in seinem politischen Handeln konsequent von drei unverbrüchlichen Grundsätzen leiten lassen:
Erstens, von der Solidarität mit denen, die es am nötigsten haben – sei es im Zentrum oder am Rand der Städte, in weit abgelegenen Gebieten auf dem Land oder in Regionen, die durch Konflikte oder Naturkatastrophen verwüstet wurden.
Zweitens, vom Streben nach einer immer engeren Union zwischen den Völkern und den Staaten Europas. Dies ist ein Ziel, das uns alle heute hier vereint und dem António Guterres in seinen hochrangigen politischen Ämtern in Portugal, in europäischen und multilateralen Institutionen stets größte Energie und Anstrengung gewidmet hat.
Drittens, aber ebenso wichtig, vom Beitrag eines geeinten Europas zu den berechtigten Anliegen der Menschheit. Zwei dieser Anliegen erfordern, wie er selbst betont, unsere dringendste Aufmerksamkeit: die Notlage von Migranten, Vertriebenen und Flüchtlingen, die vor Armut, Krieg und Verfolgung fliehen, und der Kampf gegen die Folgen des Klimawandels, dessen Ausgang unser Überleben als menschliche Spezies bestimmen wird.
Um diese beiden großen Herausforderungen für die Menschheit zu bewältigen, muss Europa im Einklang mit den Werten handeln, für die es steht. Wir müssen diesen Herausforderungen mit Taten begegnen und dabei in die Fußstapfen unserer Gründerväter treten und auf dem konkret Erreichtem aufbauen.
Wir müssen die nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 erfüllen, das Pariser Übereinkommen über den Klimawandel einhalten und den mit der Unterzeichnung des Globalen Migrationspakts im vergangenen Jahr in Marrakesch eingeschlagenen Weg weitergehen. Diesen Pakt hat António Guterres persönlich als Generalsekretär der Vereinten Nationen mit großer Entschlossenheit und Zielstrebigkeit vorangebracht.
Die Arbeit von António Guterres und seine Berufung an die Spitze der Vereinten Nationen erinnern uns deutlich daran, dass der europäische Traum nicht an unseren Grenzen endet, dass unsere Ideale die gleichen sind wie die von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, aus allen sozialen Schichten, allen Generationen und kulturellen Traditionen.
Es gibt heute Menschen, die diesen Traum zerstören wollen. Sie behaupten, damit offener für eine neue Welt zu werden und die angeblichen Einschränkungen des alten Europas hinter sich zu lassen. Doch sie irren sich in zwei Dingen: im Jahrhundert und im Bestreben. Die Welt, an die sie denken, gehört nicht der Zukunft, sondern der Vergangenheit an: die Welt der Konfrontation zwischen Großmächten und Wirtschaftsblöcken, eine Welt, deren Abgründe wir nur zu gut kennen.
Für viele Generationen, meine eigene eingeschlossen, ist Europa ein steter Begleiter, sowohl im Denken als auch als Lebensweise. Wir identifizieren uns mit Europa. Fragen Sie mal all die vielen Erasmus-Studierenden, die neuen jungen Erwachsenen. Dieses Gefühl der Zugehörigkeit zum europäischen Projekt verbindet uns wirklich. Es geht mit unserer eigenen Identität einher und ist Teil derselben. Vergessen wir nicht, dass genau dieses europäische Projekt – ein „beispielloses historisches Experiment“, wie es einige genannt haben – der überwiegenden Mehrheit der Europäer das in unserer Geschichte bislang höchste Maß an Wohlergehen, Fortschritt und Sicherheit gebracht hat. Es zählt definitiv zu den beiden größten Friedensprojekten aller Zeiten – beim anderen führt ja derzeit unser Karlspreisträger das Ruder…
Das Beispiel von António Guterres zeigt, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen dem Aufbau eines geeinteren Europas und dem Streben nach einer offenen und pluralistischen internationalen Ordnung – mit mehr Gerechtigkeit und Kooperation, getragen von den Prinzipien und Werten der UN-Charta.
Der erste Karlspreisträger Richard Coudenhove-Kalergi sagte bereits vor über einem halben Jahrhundert: „Die Europäische Einigung ist ein Mittel und kein Zweck.“ Sie ist also ein Schritt hin zur Errichtung einer echten Union zwischen den Nationen, die auf Vielfalt und der Verteidigung von Menschenwürde und Menschenrechten beruht.
Nun gibt es auch Menschen, die dem supranationalen europäischen Traum absagen, die sich nicht der größeren Welt öffnen, sondern ihr den Rücken zukehren wollen. In ihrem Fall rührt die Ablehnung des europäischen Projekts nicht aus einer Sehnsucht nach dem idealisierten Ruhm vergangener Tage, sondern aus der Angst vor einer unsicheren Gegenwart und Zukunft – eine Angst, die wir respektieren und ansprechen, und nicht einfach verächtlich ablehnen sollten.
Wir wären schlecht beraten, diese Angst zu unterschätzen oder abzutun, denn sie ist eine mächtige Kraft. Die Angst, die heute Millionen unserer europäischen Mitbürger umtreibt, rührt her aus einer Unsicherheit, aus der Erfahrung von Ungleichheit, die durch die jüngste Wirtschaftskrise noch verstärkt wurde.
Die, die so fühlen, dürfen wir nicht ignorieren. Wir dürfen auch nicht denken, dass wir sie nicht für die europäische Sache zurückgewinnen könnten. Im Gegenteil: Die europäischen Institutionen, von denen sie sich derzeit ausgeschlossen fühlen, müssen eine Antwort auf ihre Fragen finden und ihre Ansprüche befriedigen helfen. Deshalb müssen wir diese Institutionen reformieren und sie mit den Lehren, die wir aus der jüngsten Krise gezogen haben, effektiver gestalten.
Es gibt bereits vernünftige Vorschläge, wie das zu erreichen ist. Der notwendige Impuls zu deren Umsetzung sollte von der neuen Führung an der Spitze der Institutionen ausgehen.
Die beste Anerkennung, die wir António Guterres zollen können, ist ein Europa, welches diesen neuen Zyklus mit Nachdruck beginnt und das erneuerte Vertrauen maximiert, um die Agenda voranzubringen, die Guterres von der Spitze der Vereinten Nationen aus anführt. Sein Plan, die Organisation zu reformieren und für ihre Zwecke „fit zu machen“, ist sowohl lobenswert als auch notwendig, und verdient ganz sicher unsere Unterstützung.
Als Spanier, als Freund Portugals und als Europäer erfüllt es mich natürlich mit großem Stolz, dass António Guterres den diesjährigen Karlspreis erhält. Der erste Portugiese, der sich stolz in diese renommierte Liste von Männern und Frauen einreiht, die allesamt für die hohen Werte, Ambitionen und Taten stehen, die wir alle für unsere Nationen, für Europa und die ganze Welt brauchen, die wir suchen und schätzen.
Bevor ich nun zum Schluss komme, möchte ich noch einmal kurz daran erinnern, dass die „iberische Gemeinschaft“ Portugal und Spanien, als damals der neue Traum des Europas des 20. Jahrhunderts begann, noch gar nicht dabei waren. Erst viel später, 1985, unterzeichneten wir – einmal mehr gemeinsam – den Beitrittsvertrag. So wurden wir vollwertige Mitglieder und brachten fortan all unsere Energie und Begeisterung in das gemeinsame europäische Projekt ein, das zu stärken auch wir geholfen haben. Gleichzeitig verankerten wir uns ein für alle Mal unwiderruflich in dieser Gemeinschaft demokratischer Staaten, die auf den Werten von Freiheit, Respekt, friedlichem Miteinander und Pluralismus beruht. So also begannen Portugal und Spanien, sich im Gleichklang mit dem Herzschlag dieses Europas zu bewegen, das wir heute feiern.
Fernando Pessoa, ein Landsmann von Guterres, schrieb einmal: „Tudo vale a pena quando a alma nao é pequena“ [„Die Müh‘ ist nie verloren, wenn nur die Seele groß geboren“]. António Guterres‘ Seele ist riesengroß, ebenso wie die Weisheit, Erfahrung und Leidenschaft, mit der er seine Ideale verteidigt, die mit der Verleihung dieses Preises so angemessen gewürdigt werden. Ein Preis, wie ich hinzufügen möchte, der denjenigen zuteil wird, die den größten Beitrag zur Einigung der europäischen Völker leisten. Auf dass sie die höchsten irdischen Güter – Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – verteidigen, den unterdrückten und notleidenden Völkern wirksam helfen und die Zukunft unserer Kinder und Enkel sicher gestalten.
Mit anderen Worten: Diese Auszeichnung ist die perfekte Würdigung der vielen Verdienste von António Guterres, als großem Europäer und als Weltbürger.
Ich danke Ihnen.