Begründung der Jury
Vor genau dreißig Jahren, im Mai 1978, wurde mit Konstantin Karamanlis der erste Grieche mit dem Internationalen Karlspreis geehrt. Die Auszeichnung sollte ein Signal der Ermutigung sein und ein Zeichen setzen, dass das von der Militärdiktatur befreite demokratische Griechenland so rasch wie möglich seinen festen Platz in der Europäischen Gemeinschaft einnehmen soll. Nur wenige Monate später wurde am Gymnasium in Vyronas ein Projekt begründet, das in dieser Form einzigartig ist. Denn seit dieser Zeit, seit 1979, hat das Gymnasium für und mit seinen Schülerinnen und Schüler alle wichtigen Etappen der europäischen Einigung intensiv mitverfolgt, miterlebt und dadurch Tausenden von Schülern die Erfahrung europäischer Identität vermittelt.
Wurden zunächst noch einzelne Veranstaltungen zu europäischen Themen organisiert, hat die Schule mittlerweile ein eigenes Unterrichtsfach zur Europäischen Union etabliert. Dabei geht es nicht allein um reine Wissensvermittlung: Anhand einer Vielzahl von Aktivitäten, Kontakten und Begegnungen mit Menschen, die in der EU engagiert sind, die in den Institutionen arbeiten oder mit Schülerinnen und Schülern aus anderen Ländern, erfahren die Schüler selbst, was Zusammenleben in einer Gemeinschaft in Europa bedeutet, was den europäischen Geist ausmacht.
Die Kontinuität des Projekts, die intensive Beschäftigung mit verschiedensten Aspekten der europäischen Einigung, die Vielzahl der Aktivitäten im Rahmen eines Schulprogramms machen seinen besonderen und exemplarischen Charakter aus. Sowohl inhaltlich als auch didaktisch ist dieses Schulprojekt herausragend und könnte Vorbild für Schulen nicht nur in Griechenland, sondern in allen Ländern der EU sein. Jungen Menschen wird im Rahmen der Schule ein weiter Blick über das eigene Land hinaus und Verständnis für europäische Fragen vermittelt. Dies ist Rüstzeug für die weitere Ausbildung und eine Perspektive, die während des weiteren beruflichen Lebens der jungen Menschen von unschätzbarem Nutzen sein wird.
Kurzbeschreibung des Projekts
Seit rund drei Jahrzehnten gehören Fragen der europäischen Identität zum Lern- und Erfahrungsinhalt für Oberschüler im Gymnasium von Vyronas, einem Vorort von Athen. Geleitet durch die Devise von Jacques Delors: „Lernen Wissen zu erwerben, Lernen zu handeln, Lernen zusammenzuleben, Lernen für das Leben“, starteten diese Schülerprojekte schon vor dem Beitritt Griechenlands als Pilotprojekt, wurden seit dem Jahr 1989 systematisch umgesetzt und halfen dabei, ein europäisches Bewusstsein zu fördern. Seit dem Jahr 1996 entwickelt die Schule Aktivitäten, um das gegenseitige Verständnis zu stärken, gemeinsame Auffassungen über die europäische Identität zu prägen und sichtbare Beispiele dafür zu schaffen, wie Europäer als Gemeinschaft zusammenleben. Neben der Einführung eines neuen Unterrichtsfachs über die Europäische Union sind in diesem Zusammenhang der Schüleraustausch und die Kontakte zum Emmaus-College in Rotterdam/Niederlande, der Espoo International School in Helsinki/Finnland und zum Gymnasium Nr. 10 in der Stadt Rzeszà³w im Südosten Polens besonders wichtig. Durch eine Vielzahl von Veranstaltungen zu wichtigen Ereignissen in der Europäischen Union, wie dem EU-Beitritt Griechenlands, der deutschen Wiedervereinigung oder dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens, um nur einige Beispiele aufzuzählen, wird Europas politische Entwicklung als lebendiger Prozess erfahrbar und verständlich. Dabei haben sich eine Vielzahl von Kontakten mit europäischen Institutionen und Persönlichkeiten entwickelt, zu denen das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, die Vertretung der Kommission in Griechenland genauso gehören wie der damalige Präsident der Europäischen Kommission Jacques Delors, Vertreter der griechischen Industrie, der Generaldirektionen der Europäischen Kommission, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Journalisten, Künstler und Geistliche, um nur einige zu nennen.